Angeregt durch meinen Vortrag auf der InterPM zum "Microblogging im Projektmanagement: Wie Mikroinhalte die Kommunikation und Dokumentation verändern" hat Berhard Schloß in seinem Weblog das Thema aufgegriffen und eine kontroverse und gerade weil sie kontrovers geführt wird sehr lesenswerte Diskussion u.a. zwischen Surfguard, Joachim Niemeier und Lutz Gerlach entfacht, zu der ich mit diesem Artikel einen kleinen Beitrag leisten möchte. Dass Microblogging in Unternehmen inzwischen zu einem hochaktuellen Thema geworden ist, beweisst nicht zuletzt auch das Interview zum Thema "Das Microblogging kann die Produktivität durchaus steigern" mit Prof. Oliver Günther von der Humboldt-Universität Berlin in der Computerzeitung vom 15. Juni 2009, welches über einem Blogbeitrag von Dirk Riehle verfügbar ist. Hier einige aus meiner Sicht wichtige Fragen und Antworten:
Was ist eigentlich ein "Microblog"?
Nun, zunächst einmal eine chronologische Aufzeichnung möglichst kurzer Nachrichten einer oder mehrerer Personen zu einem bestimmten Thema. Surfguard kommentiert im o.g. Beitrag
"Ein Microblog kann quasi die digitale Kaffeküche eines Projekts sein: Der Ort, an dem das Team sich informell aber doch relevant austauscht. In Microblogs wird das vermittelt, was ich “ambientes Wissen” nennen würde." (Surfguard)
Muss ich alle Nachrichten in einem Microblog lesen?
Natürlich nicht. Microblog-Leser entscheiden selbst, welchen Themen oder Nutzern sie folgen und welchen nicht. Dies ist besonders in großen Organisation oder auch Großprojekten wichtig. Die eigene Erfahrung zeigt jedoch, dass Microblogs oft einen spannende Lektüre bieten, die wertvolle Informationen für den Leser beinhalten, die man auf anderem Wege nicht erhalten hätte.
Ist Microblogging in großen Projekten überhaupt anwendbar?
Es besteht die Befürchtung, dass in großen Projekten die Teammitglieder mit Informationen überhäuft werden. Eine schöne Antwort liefert wiederum Surfguard:
"Ein Microblog macht die vielen kleinen Informationen, die Projektmitarbeiter informell austauschen (sollten) für alle besser verfügbar. Man weiß einfach mehr über das Projekt. Und in sehr großen Projekten wird man bestimmt nicht allen Projektmitgliedern folgen, sondern nur denjenigen, die für einen selbst relevant oder interessant sind." (Surfguard)
Kostet es nicht wertvolle Arbeitszeit, in Microblogs zu lesen und selbst Einträge zu schreiben?
An dieser Stelle wünsche ich mir für die Zukunft eine wirklich fundierte Antwort auf Basis empirischer Studien und meine dies explizit als Aufruf an die Wissenschaft. Aus der eigenen Anwendung kann ich berichten, dass Microblogs deutlich schneller lesbar sind als E-Mails und gerade beim Einsatz in Projekten der E-Mail-Anteil in der Kommunikation spürbar gesunken ist und damit genügend Zeit für's Microblogging frei wurde. Und was für die Akzeptanz noch wichtiger ist: Inhalte, die im Microblog geschrieben werden, sind früher auch niedergeschrieben worden, nur als E-Mail, Papiernotiz oder Instant Message. Also auch hier kein Mehraufwand.
Sollten alle Microblogs für alle Mitarbeiter sichtbar sein?
Offene Kommunikation gilt als ein wesentliches Merkmal des Enterprise 2.0. Man sollte dies aber nicht falsch interpretieren und annehmen, dass dann alle Kommunikation offen sein muss. Vielmehr ist es wichtig, dass auch in Microblogs vertrauliche Kommunikation in Teams möglich ist, ohne dass immer gleich der Chef mitliest. Offene Kommunikation erfordert eben gerade eine Atmosphäre des Vertrauens, die in geschlossenen Gruppen eher gegeben ist. Aus Vertrauens- und auch Datenschutzgründen muss diese Vertraulichkeit von einem Enterprise Microblogging System gewahrt werden. So kann ich Prof. Günther nur zustimmen, wenn er sagt:
„Mein persönlicher Rat an das Management ist: Für die Produktivität eines Unternehmens ist es sinnvoll, auch innerhalb des Unternehmens Privatsphäre zuzulassen.“ (Prof. Oliver Günther, CZ 15.06.2009)
Im Alltag sehen wir dann durchaus Situationen, in denen sich früher geschlossene Gruppen dann nach einer bestimmten Zeit wieder öffnen.
Ist nicht die ständige Ablenkung eine Gefahr für die Produktivität des Unternehmens?
Prof. Günther sieht das so:
Microblogging ist ein Werkzeug, das unserem latenten Zappelphilipp-Syndrom – in der Fachsprache Attention Deficit Syndrome – neue Möglichkeiten zur Entfaltung bietet: Wir frönen unserem Trieb zur ständigen Zerstreuung. (Prof. Oliver Günther, CZ 15.06.2009)
Microblogging reiht sich damit in die Vielzahl der Informationsquellen und Tools ein, denen zugeschrieben wird, Mitarbeiter von ihrer eigentlichen Arbeit abzulenken. Ich möchte hier erwidern, dass es aus meiner Sicht viel eher darauf ankommt, ob man sich ablenken lassen möchte! Von zentraler Bedeutung ist hier m.E. die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit den neuen Medien. Dazu gehört eben auch, störungsfreie Arbeitszeit für kreative Prozesse und eine sinnvolle Frequenz für das Lesen von E-Mails, Microblogs und Internetquellen.
Völlig abwegig ist im Übrigen auch die Befürchtung, dass Microblogs in Unternehmen für sinnlosen privaten Smalltalk, wie in Twitter oft zu beobachten, mißbraucht würden. Im Gegenteil, von Unternehmensblogs wird bisher unisono berichtet, dass dort eine rein fachliche Kommunikation stattfindet! Und dies ist nicht verwunderlich, denn Unternehmensmitarbeiter nehmen in aller Regel ihre Aufgabe ernst. Desweiteren wäre jeder Mißbrauch jederzeit gut nachlesbar, was einen selbstregulierenden Effekt hat.
Dies vorausgesetzt kann Microblogging sein Potential zur Produktivitätssteigerung voll entfalten, welches m.E. in der Vermeidung von Doppelarbeit und der Beschleunigung von Problemlöseprozessen aufgrund der deutlich gesteigerten Transparenz im Unternehmen begründet ist.
Ist nicht die direkte "face-to-face" Kommunikation besser als Microblogging ?
Selbstverständlich! Aber diese ist eben aufgrund räumlicher und zeitlicher Distanz nicht immer möglich. Microblogging ergänzt die Küchengespräche durch einen (fachlichen) virtuellen "Flurfunk". Auch hier gilt die Erfahrung, dass virtuelle Kommunikation vor allem dann gut funktioniert, wenn man sich auch persönlich kennt.
Wie kann ich herausfinden, ob Microblogging auch in meinem Unternehmen sinnvoll ist?
Ganz einfach, in dem Sie es ausprobieren. Dazu ein Zitat von Joachim Niemeier aus der oben erwähnten Diskussion:
"Ich hab die Erfahrung gemacht, dass man in Projekten das Werkzeug Microblogging einfach mal nutzen sollte (und auch ohne große Einführung nutzen kann). Nach wenigen Tagen können es sich die Beteiligten gar nicht mehr wegdenken ('Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen wie wir früher im Projekt gearbeitet haben')" (Joachim Niemeier)
In diesem Sinne möchten wir Sie einladen, eigene Erfahrungen zu sammeln und verweisen auf den Enterprise Microblogging Dienst aus unserem Hause www.communote.com.
Spannende Diskussion zu #Microblogging im Unternehmen: http://tinyurl.com/mwefmt (via @DirkRoehrborn)
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Enterprise Microblogging in der Diskussion – http://bit.ly/ycQje | Gute Aufbereitung der Diskussion bei http://bit.ly/tIzxH
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Microblogging-Fragestunde bei Dirk Röhrborn (prima!) http://bit.ly/24zNMO
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Der Einsatz von Microblogs in Projekten wird derzeit auch intensiv und wieder kontrovers diskutiert, z.B. hier: http://pjmb.wordpress.com/2009/06/24/microblogging-twitter-unsinn-in-projekten/
Wir haben in unseren Blogs bereits intensiver darüber berichtet:
* Microblogging im Projektmanagement mit Comunote: Teil1 , Teil 2
* Microblogging in IT-Projekten
* Wie verändert sich die Projekt-Kommunikation durch Microblogging
Auch auf der Enterprise 2.0 Conference in Boston ist Enterprise Microblogging derzeit ein aktuelles Thema. Unter dem weiteren Begriff "Social Messaging" wurde auf einem Panel dazu diskutiert. Im Column2-Blog wurden die Hauptaussagen zusammengefasst. Interessant ist aus meiner Sicht vor allem, dass Social Messaging künftig als Teil einer Unified Communications Infrastruktur angesehen wird.
lRT @arsbas Interessante mehrbloggige Diskussion zu Twitter im Unternehmenseinsatz http://tinyurl.com/mwefmt
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Ich glaube nicht, daß twittern alleine als Kommunikation im Unternehmen/in Projekten ausreicht.
Ich twittere und ich Projekt-blogge – in meinen Tweets verweise ich oft auf Blog-Einträge. Es paßt einfach nicht alles in 140 Zeichen. Beides zusammen angewandt und in einer Projektmanagement-Software integriert fände ich sehr gut:
Alles, was sich kurz und knapp sagen läßt, wird direkt im Tweet gesagt. Bei allem anderen verweise ich durch einen Link auf den “herkömmlichen” Blog. Alles bleibt innerhalb des Dokuments erhalten und wird automatisch dokumentiert. Gibt’s das schon irgendwo?
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Microblogging zur Projektkommunikation http://bit.ly/rUtHQ
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Discussing Enterprise #Microblogging, http://tinyurl.com/mwefmt
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[…] Enterprise Microblogging in de…nbsp;| weiterbildungsblog – […]
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Microblogging ist ein Werkzeug, das unserem latenten Zappelphilipp-Syndrom – in der Fachsprache Attention Deficit Syndrome – neue Möglichkeiten zur Entfaltung bietet: Wir frönen unserem Trieb zur ständigen Zerstreuung. (Prof. Oliver Günther, CZ 15.06.2009)
Das Zitat finde ich sehr passend, da twitter gerade Personen mit Konzentrationsschwäche schnell ablenkt und sie dauerhaft zerstreut wirken.
Herr Rombach, vielen Dank für Ihren Kommentar. Der referenzierte CZ-Beitrag ist m.E. übrigens sehr lesenswert und steht hier." Das Zappelphilipp-Syndrom ist durchaus ernst zu nehmen. Es macht in besonderer Weise deutlich, wie wichtig es ist, die eingene Medienkompetenz richtig zu entwickeln. Dies wird auch für Unternehmen immer wichtiger mit den zunehmenden Einflüssen sozialer Medien wie z.B. Twitter, Facebook oder XING im Internet, aber auch der innerhalb von Unternehmen in Intranets verfügbaren Tools wie Wikis, Microblogs und nicht zuletzt auch der E-Mail, von der das Attention Defizit Syndrom schon länger bekannt ist. Zur richtigen Nutzung dieser Tools gehört eben auch, sie davon in bestimmten Arbeitsphasen nicht stören zu lassen, z.B. diese während wichtiger Gespräche oder bei kreativer Arbeit ganz auszuschalten, um ungestört zu sein. Es geht aber eben nicht darum, neue Kommunikationsmedien zu verteufeln, sondern diese richtig zu gestalten und effektiv und effizient einzusetzen. Diese Medienkompetenz gehört m.E. zukünftig in die Lehrpläne von Schulen, Hochschulen und die betriebliche Weiterbildung.